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Wenig los an der Platte: Der Tischtennis in der Region kämpft um seinen Nachwuchs.
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In den kommenden Wochen starten auch die Tischtennis-Teams der Region in die neue Saison. Zeit einmal einen Blick auf den Sport mit dem kleinen Plastikball zu werfen.

Spielt für die Mannschaften aus den Kreisen Herrenberg, Reutlingen und Tübingen momentan die Vorbereitung auf die kommende Saison die Hauptrolle, so haben sie doch stets auch die schwerwiegenden Entwicklungen des Tischtennissports im Hinterkopf.

Weltweit betrachtet steht Deutschland hinter China und Russland an dritter Stelle, wenn es um die landesweite Anzahl der aktiven Tischtennisspieler geht. Doch seit einigen Jahren hat der Tischtennissport in Deutschland mit einem drastischen Rückgang der Mitgliederzahlen zu kämpfen, rund 100.000 Mitglieder verlor der deutsche Tischtennisbund in den vergangenen 10 Jahren.
Viele kleine Vereine lösen sich mittlerweile auf, aber auch die großen haben aufgrund dieser Entwicklungen Schwierigkeiten im regionalen und überregionalen Spielbetrieb. Spätestens bei den Planungen für die neue Saison rückten die Sorgen um den Erhalt des Spielbetriebes bei allen Vereinen wieder in den Mittelpunkt. Seit mehreren Jahren müssen viele Vereine aufgrund mangelnder Spieler den Spielbetrieb einschränken, einige mussten ihn sogar ganz einstellen. Die Folgen waren unter anderem große und mehrmalige Verschiebungen der Ligeneinteilungen in TT- Deutschland.

Das Bangen um den Nachwuchs

Gab es vor einiger Zeit beim TV Rottenburg noch 5 Jungenmannschaften und eine Mädchenmannschaft, gibt es in der Saison 2019/20 gerade mal noch ein einziges Jungenteam. Eine Mädchenmannschaft kann schon seit geraumer Zeit nicht mehr gestellt werden. Die Veränderungen beim TV Rottenburg und anderen Vereinen der Region bilden sehr genau die Lage des Tischtennissports in Deutschland ab. Der deutsche Tischtennis hat ein großes Nachwuchsproblem. Insgesamt 30 % weniger Jugendteams als im Vorjahr sind im DTTB gemeldet. Das Nachwuchsproblem hat Auswirkungen auf den Spitzensport in Deutschland. Hinter der Generation Timo Boll klafft eine Lücke.
Die Zahlen des DTTBs bestätigen, was in der Region längst zu spüren ist. Der Mädchentischtennis scheint dem Untergang geweiht. Im deutschlandweiten Spielbetrieb der Mädchen ist ein drastischer Rückgang um fast 15% zur vergangenen Saison zu verzeichnen.

Vereine mit einer einst glänzenden Jugendarbeit wie die des TTC Reutlingens bangen um ihren Nachwuchs. Reichen die aktiv spielenden Jungen gerade noch für 3 Mannschaften, gibt es selbst in der einstigen Mädchen-Tischtennis Hochburg Reutlingen keine Mädchenmannschaft mehr. Auch der TSV Betzingen, der vor allem im Damenbereich und in der Mädchenförderung sehr erfolgreich und engagiert war, musste in den letzten Jahren große Einbußen hinnehmen. Viele Jahre spielten sie erfolgreich in der 1. Bundesliga, heute tritt ihr erstes Damenteam in der Verbandsliga an. Während die Anzahl ihrer Mädchenmannschaften auf genau eine gesunken ist. Den SSV Reutlingen ereilt ein ähnliches Schicksal. War er zur Beginn der Tischtennis-Bundesliga ein fester Bestandteil dieser, hat er heute keine Jugendteams mehr und tritt in der Verbandsklasse an. Erschreckend sind auch die Zahlen des SSV Schönmünzach. Die Damen des SSV spielen momentan in der Regionalliga Südwest und können auf keinen eigenen Nachwuchs mehr setzten, da auch sie kein Mädchenteam mehr stellen können.

Gerade für kleinere Vereine wird es immer schwieriger Trainer und Übungsleiter zu finden, die diesem Rückgang entgegenwirken könnten. Oft teilen sich mehrere Mannschaften einen Trainer oder trainieren komplett ohne Trainer. Vor allem im Kinder- und Jugendbereich stellt das ein großes Problem dar. Ist das Training nicht abwechslungsreich und kindgerecht gestaltet, verlieren Anfänger schnell Lust am anspruchsvollen Tischtennis. Was genau die Gründe für diesen rasanten Rückgang sind, ist schwer zu greifen. Persönlichkeiten wie Timo Boll oder einst Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner, die durch den Gewinn ihrer Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft im Doppel 1989 einen wahren Tischtennis-Boom auslösten, prägen den Sport. Trotz großer deutscher Erfolge gelingt es den Funktionären des DTTBs nicht, genügend Aufmerksamkeit für den Tischtennissport zu generieren. Dazu kommt, dass Tischtennis für Laien kein attraktiver Sport ist. Die hohe Geschwindigkeit und Kürze der Ballwechsel macht den Sport für Zuschauer unattraktiv. Kinder und Jugendliche sehen Tischtennis oft nur als Freizeitbeschäftigung, sie wählen lieber einen Mannschaftssport. Hier fehlt den Tischtennisvereinen den Zugang, Tischtennis als Leistungssport zu re-etablieren.

Die Verbandklasse Süd vereint Spitzenteams

Trotz der längst spürbaren Probleme steht uns regional vor allem bei den Herrenteams eine spannende Saison bevor: So starten die Spitzenteams der Region vorwiegend in der selben Liga. Die Herren Verbandklasse Süd des Tischtennisbundes Württemberg-Hohenzollern beheimatet kommende Saison mit dem TSV Kuppingen II, dem VfL Herrenberg, dem TTC Ergenzingen und dem TV Rottenburg gleich zwei feurige Derbys. Auch das Team des SSV Reutlingens, das einst in der Bundesliga und viele Jahre in der Oberliga starteet, spielt heute in der Verbandsklasse Süd. Die Konstellation der Verbandklasse Süd lässt somit auf eine spannende Saison mit vielen lokalen Fights hoffen. Zum Auftaktspiel und Derby empfängt der TV Rottenburg den TTC Ergenzigen am 14.09.2019 und 18:30 Uhr in der Kreuzerfeldhalle in Rottenburg.