Marc Amann aus Oberndorf: Von Corona beim Rekordversuch ausgebremst

Eigentlich hätte der Oberndorfer Marc Amann vergangenes Wochenende an einem weiteren Wettkampf im Speed Ski teilgenommen. Mit rund 200 km/h wäre er dann einen steilen Hang runter gerast. Die bekannten Gründe lassen ein solches Unterfangen derzeit nicht zu, auch nicht in den Schweizer Bergen. Amann bleibt das Warten auf die nächste Saison. Der deutsche Geschwindigkeits-Rekord fällt dieses Jahr also (noch) nicht. Über Freiheit in den Bergen, die Lust auf schnelle Geschwindigkeiten und Corona-Auswirkungen in Saas-Fee.

Marc Amann ist vor vier Jahren in die Schweiz gezogen. Nach Saas-Fee ging er. Dort, wo sich im Winter die Bewohnerzahl des kleinen rund 1.500 Einwohner zählenden Ortes verfünffacht. Eher zufällig im Urlaub hat er vor einigen Jahren die Sportart Speed Ski kennengelernt. Dabei lässt man sich an einem Steilhang in den Berg fallen und beschleunigt innerhalb drei Sekunden auf bis zu 100 km/h, nach sieben Sekunden können es schon 200 km/h sein. “Bei bester Aussicht durchs breite Visier”, wie der 26-jährige Amann grinsend hinzufügt. Speed is king. Ein Sport für Wagemutige. Amann hat sich verliebt. Seit drei Jahren lebt er seinen Traum, arbeitete unter der Woche erst als Skilehrer und dann in einem Sportgeschäft. Anschließend geht es auf den Berg, um dann mit Höchstgeschwindigkeit herunterzufahren.

Dass Saas-Fee nicht nur im Winter seine Reize bietet, hat Amann schnell gemerkt: “Ich bin wegen dem Winter gekommen und wegen dem Sommer geblieben”, wie er zugibt. Nur noch vereinzelt kehrt er in seine schwäbische Heimat zurück. “Die Freizeitmöglichkeiten hier sind unendlich. Man kann wandern, Fahrrad fahren, in die Berge gehen. Das ist alles vor der Haustür.” Seine Freundin stammt direkt aus Saas-Fee. “Ich wollte eigentlich nur für einen oder zwei Winter bleiben.” Seine Pläne haben sich geändert.

“Viele Skifahrer möchten schöne Kurven fahren, es soll schön aussehen. Bei mir muss es einfach nur schnell sein.”

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Amanns neue Heimat klingt nach einem echten Traum. Wenn man ihn auf die aktuelle Corona-Situation anspricht, schildert er eine nur bedingte Veränderung zum sonst üblichen Alltag. Die Geschäfte im Urlaubsort schließen nach der Wintersaison üblicherweise für rund zwei Monate. “Alles ist jetzt einen Monat früher zu und es sind deutlich weniger Touristen hier. Ansonsten ist es uns hier nicht unbekannt, dass Läden zu dieser Zeit geschlossen haben.” Trotz allem hätte Amann gerne die Speed Ski-Saison zu Ende gefahren. Jetzt, wo die Strecken erst richtig schnell werden.

2015 hat Amann die Junioren-Weltmeisterschaft gewonnen. Mittlerweile fährt er im Seniorenbereich und schnuppert am Deutschen Rekord. Der liegt bei 242 km/h und ist in Anbetracht von Amanns Bestleistung (220 km/h) in Reichweite. Der Weltrekord steht bei 254 km/h. “Der Lockdown kam eine Woche zu früh”, sagt er. Hintergrund: Die Speed Ski-Saison beginnt vergleichsweise spät und schließt Ende April. “Je später die Saison, desto höher die Geschwindigkeiten”, erklärt Amann. “Im Frühling ist es nachts noch kalt und tagsüber bildet sich ein Wasserfilm auf der Bahn. Wenn man im Januar 180 fährt, können das im April 200 sein. Viele Skifahrer möchten schöne Kurven fahren, es soll schön aussehen. Bei mir muss es einfach nur schnell sein.” Vergangenes Wochenende hätte das Saisonfinale sein sollen. Hätte.

So bleibt dem Oberndorfer Training und der Fokus auf andere Dinge. Sein Studium in Sportmanagement treibt er parallel an einer Fernuni voran. Nicht unüblich für einen Leistungssportler, der seine Leidenschaft aus eigener Tasche finanziert, von keinen großen Sponsorengeldern profitiert und immer an ein Leben nach dem Sport denken muss. “Die Weltrekordhalter”, sagt er, “sind zwei italienische Brüder.” In der Spitze gäbe es Preisgelder und Unterstützung vom Verband. Dort ist Amann noch nicht angekommen und muss sich daher mit besonderen Konditionen – etwa bei Ausrüster – begnügen. “Ohne die Italiener wäre unser Sport lange nicht so weit”, sagt er neidlos. Er denkt von Rennen zu Rennen, von Saison zu Saison: “Ich werde versuchen, für nächste Saison Sponsoren zu finden und möchte so viele Rennen wie möglich fahren.” Dann soll es irgendwann auch mit dem Deutschen Rekord klappen.

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