You are currently viewing Warum Kaltwasser den Vereinen Mitglieder kosten wird
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In unserem neuen Format “So gesehen” schreiben Tom, Marius und Moritz aus dem Team Match.Report einmal pro Woche über ein Thema. Heute: Energiesparen im Amateurfußball.

Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, nicht so schnell wieder Stellung zum Thema “Kalte Duschen” zu beziehen. Im Rahmen dieses Formats passt es aber in die Zeit. Hintergrund: Nicht aus Sparmaßnahmen, sondern aufgrund eines Defekts waren die Duschen in den Rottenburger Sportanlagen vergangenen Sommer und (Spät-)Herbst auf Kaltwasser gestellt. “Kalte Sportler-Dusche”, titelte ich in meinem Leserbrief im Tagblatt damals. Was soll ich sagen – es ist wieder soweit.

Eins vorneweg: Ich bin kein Außenpolitiker und auch kein Energieberater. Die Lösung des offensichtlichen Energieproblems, vor dem die westliche Welt derzeit steht, werde ich wohl nicht finden. Aber ich kenne mich im Vereinssport ganz gut aus und kann abschätzen, welche Auswirkungen erneut kalte Duschen für jenen hat. Letzten Dienstag hatte meine Bezirksligamannschaft des FC Rottenburg Training. In der Sportanlage im Hohenberg brauchen wir seit einigen Wochen schon Licht, um die Einheiten auf den Trainingsplätzen von 19 bis ca. 21 Uhr durchführen zu können. Es ist dunkel geworden abends – und frisch.

Kalt ist es ab jetzt nicht mehr nur während des Trainings, wenn man steht. Auch nach dem Spiel wird’s nicht wärmer. Zugegeben: Beim Blick auf den Leserbrief von damals bemühe ich mich gerade, die Wortspiele mit Kaltwasser auszusparen. Seit die Entscheidung des Gemeinderats bekannt wurde, hatten wir noch ein paar Einheiten, in denen nichts von den Sparmaßnahmen zu spüren war. Am Dienstag war das Wasser nun endgültig kalt.

Vereinsleben findet vor allem außerhalb der Spiel- und Trainingszeiten statt. Geselligkeit, Lachen, Freude, gemeinsam Zeit zu verbringen – das, was Vereinsleben ausmacht, ist vor und nach dem Training. Im Sommer sitzen wir zum Beispiel gerne noch eine Weile in der Abendsonne auf unserer Sportanlage und blicken auf das letzte Spiel zurück. In der dunklen Jahreszeit fällt das alles etwas reduzierter aus, ein gemeinsames Getränk zum Abschluss des Freitags-Trainings ist dennoch ein festes Ritual (nicht nur) beim FC Rottenburg.

Längst sind die Debatten in unserer Mannschaft angekommen, ob man überhaupt noch in den Waschräumen dusche, wenn es nur Kaltwasser gibt. Einige Spieler kommen zum Teil schon umgezogen und verlassen das Gelände im Anschluss an die Übungseinheit sofort wieder. Aktives Vereinsleben? Fehlanzeige. Diese Entwicklung ist eine eindeutige Auswirkung der beschlossenen Sparmaßnahmen. Ich mag noch gar nicht dran denken, wie sich diese Entwicklung fortsetzt bis ins Frühjahr.

"Längst sind die Debatten in unserer Mannschaft angekommen, ob man überhaupt noch in den Waschräumen dusche, wenn es nur Kaltwasser gibt. Einige Spieler kommen zum Teil schon umgezogen und verlassen das Gelände im Anschluss an die Übungseinheit sofort wieder. Aktives Vereinsleben? Fehlanzeige."

Corona hat in vielen Vereinen die Kader ausgedünnt. Durch die langen Pausen und das fehlende Beisammensein haben zahlreiche SportlerInnen die Lust verloren oder neue, bequemere Hobbies gefunden. Vor allem unterklassige Vereine mussten landauf-landab die Reserve abmelden, weil SpielerInnen fehlten. Ich sehe genau die gleiche Entwicklung auf uns zurollen, wenn im anstehenden Winter die schlechten Duschmöglichkeiten dafür sorgen, dass SportlerInnen nach dem Training den schnellen Weg unter die heimische Dusche, statt ins Sportheim suchen. Wir sollten aufpassen, dass es in den Sportvereinen bald neben Warmwasser auch an SportlerInnen mangelt. 

Ich bin kein Energie-Experte. Trotzdem frage ich mich, ob es Möglichkeiten gibt, diese Entscheidung zu überdenken, um den Sportvereinen auch in diesen schweren Zeiten Unterstützung zu bieten. Offen gesagt: Echte Priorität von Seiten der Politik hat das Ehrenamt auch in Corona schon nicht genossen. Und eine Diskussion darüber, welchen Wert ehrenamtlich organisierter Vereinssport für den Zusammenhalt und die Gesundheit in unserer Gesellschaft hat, möchte ich an dieser Stelle nicht mehr führen.