You are currently viewing Jung-Schiedsrichter John Bender: „Jeder Abgang schmerzt“
John Bender beim Freundschaftsspiel zwischen dem FC Rottenburg und dem TSV Köngen vergangenen Samstag. Bild: Ulmer
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John Bender ist 23 Jahre alt, Fußball-Schiedsrichter und eines der größten Talente, die es derzeit im Kreis gibt. Vom TSV Gomaringen stammend ist Bender in der Vergangenheit schon viel herumgekommen in Fußballdeutschland. Als vergleichsweise junger Unparteiischer trifft er auf dem Feld mittlerweile auch auf ältere Spieler, die zu Teilen auch schon höherklassig gekickt haben. Vor kurzem wurde John in die Oberliga befördert. Wir haben mit ihm gesprochen und ihn mit einigen (teils nicht ganz ernst gemeinten) Behauptungen über Schiedsrichter konfrontiert.

Schiedsrichter trainieren immer nur für sich allein in der Muckibude.

Diese Behauptung stimmt zum Teil. In der Schiedsrichtergruppe treffen wir uns mindestens einmal im Monat zum gemeinsamen Training. Zu den normalen Einheiten kommen Leistungsprüfungen auf Bezirks- bzw. Verbandsebene hinzu. Ein Großteil der Einheiten wird aber individuell absolviert. Ich persönlich gehe drei- bis viermal – je nach Einsätze am Wochenende – ins Fitnessstudio oder zum Laufen auf die Tartanbahn.

Schiedsrichter haben keine Ahnung von Fußball. Deshalb pfeifen sie auch so oft schlecht.

Das ist verschieden (lacht). Ich könnte auch das Gegenteil behaupten: Man bekommt durch die Schiedsrichterei mehr Ahnung vom Fußball mit zunehmender Spielklasse. Die Anforderungen nehmen zu, weil die Partien dann oft durch die individuelle Taktik entschieden werden.

Die Gewalt auf den Sportplätzen nimmt zu. Wenn sich nicht bald etwas ändert, bleibt die Pfeife auf den meisten Plätzen stumm und der Ball rollt nicht mehr.

Es kommt drauf an. In der jüngeren Vergangenheit zeigen die Zahlen, dass die Anzahl der Vorfälle nicht gestiegen ist, wohl aber die Intensität der Vergehen. Jeder Abgang schmerzt und bedeutet für uns Schiris einen hohen Verlust. Wir haben oft Engpässe. Auf der anderen Seite wird viel beim Thema Gewaltprävention getan. Schiedsrichter werden bestmöglich darauf vorbereitet, mit kniffligen Situation umgehen zu können. Max Riethmüller, der aus der Schiedsrichtergruppe Tübingen kommt, ist beispielsweise Gewaltbeauftragter beim WfV. Er bereitet uns Schiedsrichter im ganzen Verband darauf vor, was man macht, wenn etwas auf dem Sportplatz passiert.

Als 23-jähriger Unparteiischer geht man mit einer gehörigen Portion Respekt vor den Älteren auf dem Platz ins Spiel.

(Zögert) Ja, ich habe Respekt vor jedem Spiel und vor jedem Spieler. Das hat aber mit dem Alter nichts zu tun. Ich erwarte, dass man sich respektvoll auf dem Spielfeld begegnet. Ältere Spieler haben meistens schon einiges hinter sich, auch wenn sie höher gespielt haben. Im Umgang ist das oft schwieriger. Erfahrene Spieler sind oft die Wortführer, suchen den Kontakt zum Schiedsrichter. Wenn ich einen guten Draht zum erfahrenen Kopf einer Mannschaft habe, dann hat er meistens auch sein eigenes Team im Griff. Er ist dann mein Ansprechpartner, wenn es einen anderen auffälligen Spieler in dieser Mannschaft gibt.

Die Arbeit als Schiedsrichter macht mehr Spaß als die als Linienrichter.

Falsch. Für mich ist es super, dass ich beides habe. Spannend ist, dass man als Linienrichter in einer höheren Liga aktiv sein darf. Ich sehe oft Mannschaften, die ich persönlich nicht pfeifen kann und lerne dazu. Hoffentlich darf ich später in der gleichen Liga pfeifen. In der Bundesliga ist das größtenteils getrennt. Bundesliga-Assistenten pfeifen im Jahr vielleicht noch fünf Spiele selbst. In den oberen Ligen geht man davon aus, dass die Anforderungen zu verschieden sind, dass man beide Ämter nicht gleichzeitig ausüben kann.

Die Wertschätzung gegenüber Schiedsrichter ist zu gering.

(Zögert) Nicht pauschal ja. Zu einem Großteil wird uns mit Respekt begegnet. Es gibt Einzelfälle, aber das Problem beobachte ich auch in anderen Bereichen: Bei Polizisten zum Beispiel. Sie werden ebenfalls manchmal bei der Arbeit blockiert oder beleidigt, obwohl es in den meisten Fällen unbegründet ist. Das ist oft auch bei uns Schiedsrichtern so. Wir sind Blitzableiter gegenüber Zuschauer. Wir sprechen hier aber von Einzelfällen. Mir selbst macht es so viel Spaß, dass ich nicht behaupten kann, ich würde zu wenig wertgeschätzt.

Mit 27 Jahren bist Du im Profifußball als Schiedsrichter angekommen.

Nein. Das kann man nicht voraussehen, wo ich mit 27 Jahren bin. Das Ziel ist immer eine positive Entwicklung, also die nächste Liga. Dafür geht es darum, eine gute Leistung zu zeigen. Am Ende der Saison werden die Entscheidungen getroffen. Um in eine Profiliga aufzusteigen, gehört Glück dazu. Man braucht in dem Jahr, in dem man gut ist, auch einen freien Platz. Das muss zusammenpassen, man kann es nicht planen.

Du bist früher im Fußballtraining immer als letztes gewählt worden.

Ich behaupte nicht (lacht). Aber zu den letzten habe ich gehört. Ich war sicher kein guter Fußballer, deshalb war es eine einfache Entscheidung für das Pfeifen. Ich hatte viel Spaß am Kicken, der Talentierteste war ich aber wirklich nicht.

Einmal das DfB-Pokalfinale zu pfeifen, ist dein großer Traum.

Ich habe den Traum, einmal ganz oben mit dabei sein zu können. Das Pokalfinale ist in Deutschland eine besondere Sache, die nur ganz wenige erreichen.

Dein Schiedsrichter-Vorbild ist Knut Kircher.

Ja, das kann ich voll und ganz bestätigen. Knut ist jemand der als Schiri viel erreicht hat. Er war Schiedsrichter des Jahres in Deutschland. Weil er in der Art und Weise, wie er gepfiffen hat, gut angekommen ist. Jetzt nach seiner Karriere gibt er etwas zurück. Er ist auf dem Boden geblieben und man kann ihn nach Rat fragen. Knut gibt sein Wissen weiter, deshalb zählt er zu einem meiner Vorbilder.