Kategorie: Allgemein

2020: Deckel drauf!

Spät abends während auf den meisten Fernsehern wohl die Champions League lief, kam die Meldung über den verlängerten Lockdown rein. Es war zu erwarten: Der Beschluss erstickt nun auch die kühnsten Hoffnungen auf eine vorzeitige Rückkehr auf’s Spielfeld im Keim. Obwohl man diese Entscheidung kommen sehen hat, wirft sie jetzt Fragen auf und drückt außerdem die Stimmung unter den Sportlern. Fest steht: Das Sportjahr 2020 ist überwiegend beendet.

Keine Frage: Die Verlängerung der Maßnahmen und des Lockdowns ist soweit berechtigt, wichtig und notwendig. Aus Sicht der Sportlerinnen und Sportler bedeutet es aber eine Verlängerung des Nicht-Sport-Treibens. Anders als im Frühjahr sind die Aussichten auf eine schnelle Änderung eher begrenzt. Die dunkle Jahreszeit hat gerade erst begonnen und gemeinsame Outdoor-Aktivitäten sind gerade ähnlich durchsetzbar, wie stimmungsvolle Weihnachtsfeiern, die in diesen Tagen stattgefunden hätten. Für Sportvereine, Mannschaften und Einzelsportler steht mindestens ein weiterer Monat ohne organisierte Bewegung, ohne Soziales Miteinander, ohne Gemeinschaft und Geselligkeit bevor. Triste Tage stehen uns ins Haus.

Aus sportpolitischer Sicht haben sich längst größere Fragen angebahnt, die im Zuge der Lockdown-Verlängerung an Brisanz gewonnen haben. Wie wird mit der begonnenen Saison umgegangen? Wie wird sie gewertet? In den meisten Sportarten haben die Verbände im Sommer eine ‘milde’ Wertung der Spielzeit 19/20 vorgenommen, überwiegend auf eine Abstiegsregelung verzichtet. Dieser Trumpf ist ausgespielt, er wird nicht zu wiederholen sein. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Durchführung aller angesetzten Partien unmöglich erscheint. Alternative Modelle (wie der Deutsche Volleyball Verband in Erwägung zieht)? Möglich – aber dann wird sich zeigen, ob etwaige Abstiegskandidaten rechtliche Schritte gegen die während der Saison veränderten Regeln einleiten werden.

Mit der Entscheidung von Bund und Länder haben die Sportverbände auf der einen Seite Zeit (für die Durchführung des Spielbetriebs) verloren, auf der anderen Seite aber auch Zeit gewonnen: Einige Wochen länger können die Funktionäre nun alle möglichen Varianten in Erwägung ziehen, wie flexible Wettbewerbssysteme in Zeiten von Corona durchführbar sind. Für Anfang 2021 werden die Sportvereine und Ihre Mitglieder Antworten erwarten. Um ehrlich zu sein: Eine klare Strategie war aber schon bei den wenigsten Verbänden nach der Unterbrechung des Spielbetriebs im Frühjahr zu erkennen. Man darf gespannt sein.

Was bleibt uns also übrig? In Anbetracht steigender Infektions- und Todeszahlen tritt die Wichtigkeit des Sports in den Hintergrund. Sie verschwindet aber nicht. Trotz allem ist der Beschluss der Politik ein klares Signal, dass die bisherige Achtsamkeit und die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Die Mechanismen sind hinlänglich bekannt. Noch mehr denn je kommt es nun auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung an. Erst, wenn die Infektionszahlen sinken, steigen die Chancen auf eine Rückkehr auf’s Spielfeld. Es gilt im Sinne unserer Gemeinschaft die Maßnahmen einzuhalten – besser heute als morgen.

Bleibt gesund.

https://open.spotify.com/episode/0UMvOSso5JXvFLDeQtsgmt?si=OZNAKJgnTYqgC6G3p_iY_w

Alter Lauf in neuem Glanz

Der Nikolauslauf Tübingen geht im Corona-Jahr neue Wege: Von 05.12. bis 13.12.20 findet die Veranstaltungen in diesem Jahr virtuell und über mehrere Tage statt. Außerdem stehen sportliche Erfolge und Bestzeiten weniger im Fokus, als die eigene Gesundheit und die Gute Sache. Der Nikolauslauf findet nämlich in diesem Jahr als Spendenlauf statt. Darüber hat Organisator Gerold Knisel mit Mathias Hägele in der neuesten Episode des Sportlerfrühstück gesprochen. Das alles gibt's ab Montag 06:00 Uhr.

Der heutige Nikolauslauf ist vor rund 20 Jahren aus einer anderen Laufveranstaltung entstanden. Gerold Knisel ist damals als “junger Kerl” dabei gewesen und fand zusammen mit einem Freund schnell ein Team, die Lust darauf hatten, eine moderneres Konzept aufzusetzen. Mit Sponsoren und Prämien für die TeilnehmerInnen sollte die Vereinsführung des Post-SV überzeugt werden. Der Versuch gelang.

Ursprünglich war das erste Ziel die Teilnehmerzahl von 800. “Wir haben aber schnell gemerkt, dass das viel zu wenig ist und dass da mehr geht”, so Knisel heute. “Es gab keine Parkplatzproblematik und auch die Versorgung der Teilnehmer im Ziel hat wunderbar geklappt.” Heute zählt die Veranstaltung 3.500 TeilnehmerInnen – “volles Haus”, wie Knisel sagt.

Leichtathletik LAV Stadtwerke Tuebingen Sportfest Sound Track 3x 1000 m Ue 55 Staffel Werner Bauknecht, Gerold Knisel und Joachim Stuhlinger (v.li.) FOTO: Pressefoto ULMER/Markus Ulmer xxNOxMODELxRELEASExx

Das volle Haus wird es in 2020 bekanntermaßen nicht geben. Also musste eine alternative Lösung für den Anfang Dezember stattfindenden Nikolauslauf her. “Manche denken ja, so eine virtuelle Variante, da sitzt einer am grünen Tisch und hat ‘ne Idee, macht ein bisschen Marketing und dann kommen 2.000 Leute, die sind bereit 25 Euro zu zahlen und das war’s – und dem ist halt nicht so”, erklärt der Organisator der Veranstaltung den Aufwand hinter dem neuen Modell.

Trotz Corona hat die Veranstaltung sogar seit des Lockdowns im November noch einmal zusätzlich 700 Teilnehmer gewonnen. Mittlerweile findet der Lauf mit mindestens 2.800 LäuferInnen statt. Darauf sind die Veranstalter zurecht stolz, “ein gutes Ergebnis”, wie Knisel sagt. 

“Die Tübinger wollen aber die klassische Strecke laufen”

Das neue Konzept des Nikolauslaufs umfasst eine kürzere Strecke, um eine neue Zielgruppe anzusprechen. Jüngere Läufer, die kürzere Strecken gewohnt sind meint Knisel: “Menschen zum Beispiel wie Dich, Mathias”, und spricht den Moderator im Podcast mit einem Schmunzeln direkt an. Abzüglich der Kosten soll eine recht Hohe Summe entstehen, die die Organisation spenden will. Der Nikolauslauf ist in diesem Jahr nämlich ein echter Spendenlauf. Die Gelder sollen der Tübinger Bürgerstiftung und den mobilen Hospizdiensten zugute kommen. 

Die Strecke ist in diesem Jahr frei wählbar. “Die Tübinger wollen aber die klassische Strecke laufen”, sagt Knisel. Oberhalb der Tübinger Nordstadt verläuft die ursprüngliche Strecke eigentlich. Gestoppt werden die Zeiten von den TeilnehmerInnen selbst in diesem Jahr. Daher sind die Zeiten auch nicht zwingend vergleichbar. Wenn jemand im flachen Gelände laufe, habe er einfachere Bedingungen wie am Berg, so Knisel. 

Wie sich der Lauf in den letzten 20 Jahren verändert hat und warum es sich in diesem Jahr für alle LäuferInnen besonders lohnt, mitzumachen, erklärt Gerold Knisel im Podcast!

Hier gibt’s einige Bilder vom Nikolauslauf in den vergangenen Jahren:

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Entwurf des DVV: So könnte es im Volleyball weitergehen

Der deutsche Sport steht still und Verbände sind momentan damit beschäftigt, sich mit den laufend veränderten Bedingungen und Voraussetzungen der Pandemie zu befassen. Im Volleyball gibt es offenbar einen ersten Entwurf. So plant der Deutsche Volleyballverband scheinbar die Wertung der laufenden Spielzeit:

Uns liegt ein Entwurf vor, der für die Dritte Liga und für die Regionalliga vorgesehen ist. In der Region betrifft dies bei den Herren den TV Rottenburg und bei den Damen den FV Tübinger Modell sowie ebenfalls den TVR. Darin schlägt der DVV vor:

  1.  Für die Dritte Liga/Regionalliga sollen schnellstmöglich neue Spielpläne erstellt werden, die ggf. ab dem 05./06. Dezember ’20 durchführbar sind (nach der Aufhebung der derzeit geltenden Beschränkungen).
    1. Die bisher gespielten Spiele bleiben unverändert gewertet
    2. Die im November ausgesetzten Spiele werden nicht nachgeholt
    3. Jede Mannschaft soll gegen jede Mannschaft ein Mal spielen
    4. Feststehende Heimspieltermine bleiben bestehen, neue Paarungen können an diesen Terminen angesetzt werden
    5. Die Meisterschaftsrunde soll “möglichst” bis 21.03.21 abgeschlossen sein
  2. Regelungen über Spielverlegungen
    1. Spielverlegungen können unabhängig des Inzidenzwertes formlos beantragt werden. Gründe sind konkret zu nennen
    2. Über Absetzung oder Verlegung entscheidet die spielleitende Stelle
    3. Anträge über Spielverlegung sind zu genehmigen, wenn wegen längerer Unterbrechung (z.B. Quarantäne oder Hallensperrung von mindestens 10 Tagen) eine Mannschaft nicht mindestens eine Trainingseinheit vor dem Spieltag absolvieren kann.
  3. Nichtantreten/Abmelden einer Mannschaft
    1. Nichtantreten einer Mannschaft – auch nach verspätet beantragtem Verlegungswunsch – wird weiterhin gemäß Spielordnung bestraft
    2. Tritt eine Mannschaft zum Dritten mal nicht an, scheidet die Mannschaft aus dem Spielbetrieb aus. Spiele mit Beteiligung der Mannschaft werden annulliert, die Mannschaft gilt als erster Absteiger
  4. Wertung Auf- und Abstieg
    1. Bis spätestens 31. Januar 2021 soll für die genannten Ligen nach Anhörung der beteiligten Vereine eine verbindliche Regelung über mögliche Reduzierung beim Abstieg oder mögliche Nicht-Wertung der Saison 20/21 getroffen werden. Entscheidend ist, ob die Pandemie zu einer massiven Verzerrung des Wettbewerbs geführt hat.
  5. Play-Off/Play-Down-Regelung
    1. Im Anschluss an die Spielzeit 20/21 ist eine Endrunde vorgesehen. Die jeweils vier Erstplatzierten bzw. vier schlechtesten platzierten Mannschaften einer Staffel spielen Auf- und Abstieg in Turnierform oder in Einzelspielen aus.
  6. Ist es aufgrund behördlicher Beschränkungen nicht möglich, die Spiel- und Endrunde bis 25.04.2021 nicht durchzuführen, gilt die Tabelle nach dem letzten ordnungsgemäß durchgeführten Spieltag als Abschlusstabelle. Ergebnisse von Nachholspielen werden berücksichtigt, wenn sie bis zum 25.04.21 durchgeführt worden sind.

Was heißt das für die Vereine aus der Region?

TV Rottenburg Herren (Dritte Liga Süd Herren)

Die Herren des TV Rottenburg trainieren seit einigen Tagen bereits wieder. Eine Sonderregelung für Mannschaften, die in länderübergreifenden Staffeln spielen, ermöglicht das. Für die Regionalliga (TüMo & TVR Damen) gilt diese Regelung nicht.

Der TVR steht mit fünf Spielen auf dem ersten Tabellenplatz, nach Punkte/Spiele-Quotient fällt er einige Plätze nach hinten, die Tabelle ist insgesamt sehr unübersichtlich, weil Mannschaft bereits sechs und zum Teil erst eine Partie gespielt haben. Um bis 21. März 2021 gegen jede Mannschaft eine Partie gespielt zu haben, fehlen dem TVR folglich noch sechs Spiele. Regulär stattfinden könnten die Begegnungen am 05.12. gegen Feldkirchen (H) und am 19.12. (A) in Fellbach. Ob das Heimspiel gegen Speyer (12.12.) stattfindet ist fraglich, weil der TVR auf diesen Gegner ja bereits getroffen ist.

Apropos Heimspiel: Weil die im November angesetzten Spiele nicht nachgeholt werden, hat sich für die Rottenburger ein krasser Heimvorteil ergeben. Gleich drei Auswärtsspiele sind vom Spielplan verschwunden, gegen Konstanz (31.01., H), G.A. Stuttgart (06.02., A), Rüsselsheim II (21.02., H) und Ludwigsburg (06.03., H) könnte der TVR dreifach von seinen Heimvorteil profitieren. Um unter den besten vier Mannschaften zum Stichtag zu landen, müssen die Rottenburger zweifelsohne mehrfach gewinnen. Der Punkte-Quotient, der bereits bei der Wertung der abgelaufenen Spielzeit in einigen Ligen zur Hand genommen wurde, käme gerade nicht gelegen.

FV Tübinger Modell & TV Rottenburg (Regionalliga Süd Damen)

Ausgeglichener geht es in der Regionalliga der Damen zu. Die Anzahl der Spiele variiert bei den Mannschaften zwischen zwei und vier. Das ‘TüMo’ steht momentan auf Platz drei, die Damen des TV Rottenburg auf dem vorletzten Platz. Bei zehn Mannschaften in der Staffel ist im Anschluss eine Einteilung in Auf- und Abstiegsrunde auch seltsam. Nur zwei Mannschaften (Platzierung fünf und sechs) wären im so genannten Niemandsland der Liga. 

Das Tübinger Modell hat gegen Freiburg, Mannheim, Rottenburg und Heidelberg gegen Mannnschaften aus der unteren Tabellenregion gespielt. Die Rottenburgerinnen trafen neben dem Duell mit den Tübinger Nachbarinnen nur auf Beiertheim, weshalb eine Wertung nach zwei Partien recht überflüssig ist.

Unabhängig von den Ansätzen des DVV bleibt im Grunde genommen sowieso erst abzuwarten, wie sich das Infektionsgeschehen und die Beschränkungen in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln. Ob die Vorschläge und Beschlüsse der Sportverbände am Schluss überhaupt einzuhalten sind, kann man berechtigterweise anzweifeln. Fakt ist: Eine weitere Saison mit veränderter Auf- und Abstiegsregelung hilft den Verbänden (Sportarten-übergreifend) nur kurzfristig weiter. Aufgeblähte Ligen und damit verlängerte Spielpläne in den anschließenden Spielzeiten lösen das Problem nicht dauerhaft.

Mehr Volleyball gibt’s in unserem Podcast – hier in Folge #23, wo Rottenburgs Friederich Nagel zu Gast war.

https://open.spotify.com/episode/01RefO9VQvNjAXhUt7qjEk?si=GZN8yn6CSsu3gU7EpQLlBg

Wir suchen die Sportler des Jahres!

In fünf Kategorien (Sportl/in-, Mannschaft-, Trainer-, Enttäuschung- und Überraschung des Jahres) sollt Ihr in den kommenden Wochen die Besten der Region wählen.

Die Nominierungsphase läuft bis Freitag, 20.11.20. Hier könnt Ihr Eure Vorschläge einreichen.

Sportlerfrühstück Folge 29: Henry Seeger von der TSG Balingen

Folge 29 beim Sportlerfrühstück: Jugendkoordinator Henry Seeger von der TSG Balingen im Interview!

Folge 29 beim Sportlerfrühstück: Heute wieder zu zweit. Moritz Liss und Mathias Hägele schauen auf den Sport in der Region und im Interview sprechen wir mit dem neuen Jugendkoordinator der TSG Balingen Henry Seeger.

Die News: Die Tussies Metzingen gewinnen beide Spiele in der Woche, bei den Tigers Tübingen wird das Spiel gegen Ehningen aufgrund einer Corona Erkranknug im Umfeld der Mannschaft abgesagt, der VfL Pfullingen stellt seinen neuen Trainer vor.

https://open.spotify.com/episode/51EX1FpYcPUetgAiWQPZQl?si=6dYtlLttQHWjplae1wDC2w

Hier geht’s zu allen Folgen unseres Podcasts:

Match.Report plant eine Video-Doku-Serie über den Amateursport!

So funktioniert also Clickbaiting. Zugegeben: Das mit der Doku-Serie ist natürlich völliger Quatsch. Zumindest bis jetzt 😉 Es ist "Bring-ein-Gerücht-in-Umlauf-Tag"! Deshalb haben wir uns richtig angestrengt und die wildesten Gerüchte erfunden. Vorhang auf:

Ausgesperrt

Drei Vereine, drei Geschichten, ein Problem: Der “Lockdown light” schließt nicht nur die Amateursportler aus, sondern auch seine Fans. Wir haben mit ihnen gesprochen.

Es ist schon ein komisches Sportjahr 2020, das wir derzeit erleben. Reguläre Sportveranstaltungen ohne Sorge und Bedenken, ohne mitschwingende Infektionsgefahr und ohne Maskenpflicht wirken bisweilen wie Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit. Der Lockdown im Frühjahr trat analog zum Virus in unser Leben: Völlig überraschend, ohne Vorwarnung und mit voller Härte und Konsequenz auf unseren Alltag. Den Sommer über hatte man kurzzeitig das Gefühl, eine neue Normalität mit Corona sei aushaltbar. Mit Beginn der neuen Saison machte sich auf den Sportanlagen des Landes der Schein breit, es sei alles wie immer. Da gab es Pokalspiele in Holzhausen gegen Regionalligist Balingen mit mehreren hundert Zuschauern oder den Saisonauftakt der neu-formierten Volleyballmannschaft beim TV Rottenburg vor ebenfalls zahlreichen Fans. In Tübingen empfing die TSG den Nachwuchs des VfB Stuttgart. Viele Zuschauer fanden den Weg auf’s Sportgelände der Tübinger um die potenziellen Bundesligaspieler zu sehen. Landauf landab waren die Vereine bemüht, die “gute alte Zeit” wiederherzustellen – von Handball bis Fußball, von Volleyball bis Basketball. Wären da nicht die regelmäßigen Hinweise auf Einhaltung der Abstandsregeln sowie der zum Teil geltenden Maskenpflicht, der Virus wäre aus unserem Sport-Alltag vertrieben gewesen. Der Schein trügte. Das steht spätestens seit den steigenden Neuinfektionen und dem “Lockdown light” fest. 

Seit Anfang November ist alles wieder anders. Die Mechanismen wiederholen sich: Kontakte vermeiden, keine (Sport-)Veranstaltungen. Während der Profisport versucht, seinen Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, wurde den Amateuren der (Spiel-)Boden unter den Füßen weggezogen. Seither sitzen SportlerInnen wieder zuhause und warten auf Besserung. Nicht nur die Akteure auf dem Feld leiden unter dem neuen Normal. Mindestens genauso trist sind die Wochenenden momentan für treue Amateurfans. Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen. Was sie am meisten vermissen und was sie jetzt mit der neu gewonnenen Zeit anfangen.

"Über Bier oder Spezi entscheidet der Kater"

Es ist ein tristes Bild, das Sascha Scheufele im Zoom-Gespräch darstellt. Hinter ihm nichts als eine graue Wand. Die Situation dürfte recht gut seine Gefühlswelt darstellen. Es ist Freitagnachmittag und eigentlich stünde am Wochenende das Auswärtsspiel des TSV Ofterdingen bei der SG Reutlingen in der Bezirksliga Alb an. Eigentlich. Die Gründe für den Ausfall sind bekannt. Scheufele wirkt nachdenklich: “Wir sind gerade am überlegen, was wir mit der neu gewonnenen Zeit machen”, sagt er. Sein Stammplatz bleibt am Wochenende leer. Und der ist nicht auf dem Spielfeld: Direkt neben der Auswechselbank schaut er die Spiele der Ofterdinger in der Regel. Früher war er auch mal Betreuer, mittlerweile nimmt er nur noch die Beobachterrolle ein. “Wahlweise auch an der Würstlesbude oder am Bierbrunnen. Über Bier oder Spezi entscheidet der Kater”, erklärt er mit einem Augenzwinkern. Im Lockdown bleibt ihm momentan keine Wahl. Stattdessen sinniert er über Poker-Abende auf Skype mit Freunden, die er sonst auf dem Fußballplatz trifft. Traurige Amateur-Fußballwelt. 

Was ihm fehlt? “Meine Freunde zu sehen. Wir verbringen ja auch sonst viel Zeit zusammen. Einen Scheiß rausschwätzen, was am Wochenende passiert ist, was es für Geschichten gibt.” Man wolle schließlich nichts verpassen, weil immer etwas lustiges passiert, das sei das Schönste. Seit man sich nur noch mit maximal zwei Haushalten treffen kann, ist der persönliche Kontakt schwierig geworden. Der Sport ist dabei ein wichtiges Gesprächsthema: “Es ist einfach lustig, wenn man sich gegenseitig einen Spruch drücken kann, wenn z.B. der Fabi Schmid wieder das leere Tor nicht getroffen hat – da haben wir natürlich Spaß dran, aber das gibt es jetzt ja leider alles nicht.” Scheufele bleibt optimistisch. Hofft auf eine schnelle Rückkehr des Sports. Er sieht aber auch die Chancen realistisch. Auf was er sich beim Comeback am meisten freut: “Mir fehlt am meisten das Schnitzel beim Sportheim-Wirt und die Sozialen Kontakte am Spieltag. Ich glaube, dass es dieses Jahr nicht mehr weitergeht, aber wir hoffen natürlich das beste.”

"Du kannst dich 60 Minuten lang auf dem Platz und auf den Rängen bekämpfen aber danach trinkst du ein Bier zusammen und alles ist wieder in Ordnung"

Nur wenige Kilometer entfernt von Ofterdingen sind die HandballerInnen der Sportvereinigung Mössingen zuhause. Als Hallensportart traf die Corona-Verordnung die Spvgg noch etwas härter. Daher haben die Verantwortlichen von HIM (“Handball in Mössingen”) vorausschauend gehandelt: Das einzige Heimspiel bisher übertrugen die Mössinger im kommentierten Livestream auf Youtube. Besser als nichts, aber das Erlebnis vor Ort kann die Übertragung nicht ersetzen – findet auch Philipp Schneemann, Mitglied im Fanclub ‘Commando Steinlach’. Sein Stammplatz ist im A-Block der Steinlachhalle. “Es kann auch mal sein, dass ich weiter nach vorne komme. Bei einem gewonnen Spiel für die Humba – aber im Normalfall sitze ich immer ganz links oben”, sagt Schneemann. 

Über einen Freund ist der ursprüngliche Fußballfan zur Spvgg gekommen. “Mein Kumpel hat mich vor acht Jahren da mal hingeschleppt. Seither macht es wahnsinnig viel Spaß und die Leute sind korrekt. Handball ist ein cooler Sport, der emotional aufgeladen ist.” Schneemann betont die Fairness und Sportlichkeit, die er an dem Sport schätzt: “Du kannst dich 60 Minuten lang auf dem Platz und auf den Rängen bekämpfen aber danach trinkst du ein Bier zusammen und alles ist wieder in Ordnung. Das sieht man beim Fußball leider nicht so oft.” 

Auch für den Handballfan ist der November anders als geplant: Die übliche Dosis Sport gibt’s bei Übertragungen im Fernsehen. Und auch sonst fehlt einiges: “Mir fehlt am meisten das ungestörte Rausgehen, das unbedarft-sein. Die Saison wurde im März abgebrochen. Seither gab es keine Möglichkeit mehr, die Spiele in der Halle zu sehen. Darauf freue ich mich am meisten!”

Kalter Entzug für Allesfahrer

Sportartwechsel. Einen echten Neustart haben die Volleyballer beim TV Rottenburg hinter sich. In einer Sportart die –  ‘gefangen’ in der von Liga und Verband vorangetriebenen Eventisierung des Sports – nur kaum frenetische Fangruppierungen entwickelt, sind sogenannte Allesfahrer eine Seltenheit. Volleyball gilt als Sport für die Familie, immer fair und manchmal so fair, dass Kritiker darin fehlende Emotionalisierung vorwerden. Timo Kehler ist einer der Fans, die den TV Rottenburg seit Jahren zu jedem Spiel begleitet. Ligaweit ist der harte Kern der Rottenburger Trommler bekannt, weil zu Bundesligazeiten Auswärtsspiele am Mittwochabend im fernen brandenburgischen Königs Wusterhausen keine Hürde darstellten. Seit diesem Herbst hat sich der TVR in der Dritten Liga neu aufgestellt und insgesamt verkleinert. Die Spiele sind nicht mehr in Tübingen in der Paul Horn-Arena, die Rottenburger kehrten in die Volksbank Arena zurück, wo in der damaligen Hohenberghalle die Volleyballbeisterung seinen Ursprung hat.

Auch nach der Neu-Orientierung ist Kehlers Stammplatz an der Stirnseite bei seinen Trommlern. Bis zum November waren es drei Spiele, jetzt schlägt vorerst keine Trommel mehr einen Ton bei den Spielen. “Vor einigen Jahren, als wir hierher gezogen sind, hat mich meine Frau mit zu einem Spiel genommen. Seitdem bin ich begeisterte Zuschauer, die Stimmung gefällt mir und nach einer gewissen Zeit habe ich auch den Sport verstanden”, sagt er. Seit der Sport landesweit eine Auszeit nimmt, bleibt mehr Zeit für anderen Sportarten im Fernsehen oder die Erinnerung an vergangene Bundesligazeiten: “Wir schauen jetzt halt American Football oder Volleyballspiele im TV. Persönlich fehlt mir nicht sehr viel, weil mein Arbeitsalltag im Home Office normal weiterläuft. Die Wochenenden sind jetzt eben etwas eintöniger.” Für jemanden wie Kehler, der in den vergangenen Jahren Saison für Saison tausende Kilometer abgerissen hat ein ziemlich kalter Entzug.

Kehler stimmt in den Kanon der Sehnsucht ein. Er vermisse die Stimmung, das Live-Erlebnis mit der Mannschaft und nicht zuletzt die Begegnungen in der Halle. “Live-Sport ist einfach etwas anderes, als wenn man vor dem Fernseher oder dem Stream sitzt.” Auch für den TVR-Fan dürfte die Freude groß sein, wenn der Ball wieder fliegt.

Haltet durch!

Egal ob in Ofterdingen, Mössingen, Rottenburg oder wo anders: Der neu-aufgenommene Schwung aus dem Sommer ist im November jäh verpufft. Nicht nur die SpielerInnen auf dem Feld, auch die treuen Anhänger der Amateurmannschaft leiden. Im Lockdown bleibt viel Zeit, nachzudenken: Wie soll die angefangene Saison überhaupt beendet – und falls nicht – gewertet werden? Wann finden die nächsten Spiele mit Zuschauern statt? Arg viel verrät die Glaskugel momentan nicht. Wenn auch noch nicht feststeht, wann das sein wird: Wir freuen uns mit allen Anhängern auf das erste Wiedersehen in der Halle, auf das nächste Auswärtsspiel, auf die Rote Wurst und auf das Bier und darauf, dass wir unserer Leidenschaft bald wieder nachgehen können. Haltet durch!

Sportlerfrühstück Folge 28: Personal Coach Angelus Grön

Folge 28 beim Sportlerfrühstück: Premiere im SpoF! 

Zum ersten mal sind alle drei Moderatoren im Talk zu Gast. Im Anschluss gibt’s einige News (siehe unten) und Personal Coach Angelus Grön erklärt Tom Anhorn, wie man auch während der Corona-Zeit fit bleiben kann!

 Die News: Die Tussies Metzingen gewinnen im Pokal deutlich, die Tigers Tübingen unterliegen gleich doppelt, der VfL Pfullingen entlässt seinen Trainer, in Balingen wird wegen des Lockdowns auch unterbrochen.

https://open.spotify.com/episode/16emxX2AS1aRedx50iUI4j?si=diDXHCZ8TumK99cZb71xpg

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